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minzewaschen1
Ein Fuß schlendert vor den anderen. Schlacksig, ohne Anstrengung dahinschwebend trägt dein Körper dich auf dem Weg. Du drehst den Kopf und fährst mit dem rechten Daumen die Träger deines Jutebeutels entlang, um sie zurück in die Kuhle deiner Schulter zu heben. Ein Schwall Minzgeruch pustet aus dem Beutel. Mit einem möglichst gleichgültigen, aber interessiertem Blick musterst du die Umgebung. Feine Striche ziehen durch dein Blickfeld, schmiegen sich an deinen nackten Unterarm, ergießen ihre nasse Kälte über ihn, als du fröstelnd deine Hemdsärmel herunterkrempelst. Das nieselnde Wasser malt perfekte Kreise in den Kanal. Von den Planen hinabrauschenden Bächen weichst du casually aus und lässt dir nicht anmerken, wie aufmerksam du die Menschen, die dir entgegen kommen und ihre Blicke auf die links und rechts dargebotenen Güter richten, musterst. Verfault, würziger Käsegeruch mischt sich mit eintausend Gewürzen von Stand nebenan. Der Beutel schluckt so viel er bei sich behalten kann Brot, Gewürze, frisches Obst und Gemüse und dein Ohr schnappt Sprachfetzen auf, die, wenn sie in fünf Minuten dir von Band erneut vorgespielt würden, einzigartig und noch nie gehört vorkämen. Doch dann bittet der ältere Herr, seinen Kollegen vier Euro rauszugeben und du schnappst ein Wort aus dem niegehörten mitgehörten auf, das du kennst. Dört, das heißt Vier. Großer Gewinn, dieser Tag.
(Foto: Lena, Text: Leo)


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30072013

otragoodfood

365 wort und bild - 2

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Seit Tagen liegt bei uns eine Mango auf dem Sims. Wie ist sie da hin gekommen? Das ist eine lange Geschichte. Viel interessanter ist, dass sie statt zu reifen, von nun an klötert. Unsere Mango, wunderlicher Gast, macht lieber Geräusche als Geschmack. Zuerst begegneten wir uns im Lidl ums Eck. Die platonische Freundschaft entstand eher aus Alternativlosigkeit denn Sympathie. Mangos bei Lidl sind hart dieser Tage. Sie zeigte wenigstens ein kreativeres Farbspektrum auf ihrer Außenhaut, die giftgrüne bis karottenrote Mango. Nunmehr sind aus Stunden, Tage geworden — zum Reifen hat sie unser Sims bezogen — sie wollte doch nur überbrücken. Wenn das so weiter geht, sie weiter bleibt, stur, hart wie Holz, Hohlköpfig, Geräusche statt Geschmack machend, was soll man in so einer Situation tun? Die Mango, die Revoluzzerin gegen das Establishment, bei uns soll sie Frei sein. Hiermit wird feierlich verkündet, der Freiheitsdrang der ersten Mango dieser Welt hat sie von ihren Ketten befreit. Sie muss nicht mehr nur lecker sein. Ihre Fähigkeiten, die sie mit Eigensinn entwickelt hat (zu klötern), die unter der Oberfläche einer ordinären harten Mango vom Lidl um die Ecke schlummerten, werden von ihren Mitbewohnern anerkannt. Sie wird auf Augenhöhe behandelt, es wird auch für Mangos gegendert, sie darf sich ihren Platz in der Gesellschaft selbst aussuchen und weiterhin das Sims mit Sonne bewohnen. Jetzt ist sie halt ein sehr unhandlicher Shaker statt Smoothie, die Mango.
(Foto: Lena, Text: Leo)

365 wort und bild - 1

365-1 
Sonnenstrahlen prallen auf Asphalt, Stein und Stahl,
Hitze erstrahlt und kriecht unter die Haut der Menschen,
die sagen: Hui, oder Uff, oder Alter, mit roten Wangen, Schultern, 
Nasenrücken im aufgesuchten Halbschatten.
Der Luftzug hastet vorbei, heiß gelaufen: zu viele Köpfe, die den größten 
Teil der Körperwärme abgeben, deren Joch er ein Spalt breit anhebt
Kurz Zeit zu atmen
Gedanken entlüften
Mobile Menschen auf ihren Wegen, Schnecken außer Haus,
feucht, zwischen gut und böse, Gemüter die lieber was anderes hätten, 
unglückliche Körper, doch da gibts was gegen,
mit Mitteln, Eis, kalter Gurkensuppe und Wedel wie Fächer
reichen sich Freund und Feind die Hände,
erhabene Brücken spannen sich über Wahnsinn
und Genuss macht sich breit
(Foto: Lena, Text: Leo)